Ganz allein steht Karine Seneca auf der großen, schwarzen Bühne. Es ist eine Szene aus den Proben des Ballettstücks „Madame Bovary“. Für die 40-jährige Tänzerin sind dies die letzten Premierenvorbereitungen vor dem Karriereende an der Staatsoper Hannover. Das letzte Training, die letzte Premiere und der
allerletzte Tanz stehen bevor. Eine Zeit voller Spannung, Leistungsdruck und großen Erwartungen aber auch ganz eigenen Gefühlen aus Abschied, Unsicherheit und Neuorientierung. Viele Trainingstage sind bereits Routine in ihrer mehr als 20-jährigen Zeit als Profitänzerin, doch vieles hat sich verändert. Mit 17 begann sie ihre Karriere als Mitglied im Basler Ballett. Nach Stationen an der Deutschen Oper am Rhein, beim Züricher Ballett und beim Boston Ballett ging sie vor vier Jahren an die Staatsoper Hannover. Die Schritte sind nun schwerer geworden – nicht nur wegen der Arthrose im Fuß. Für Privatleben blieb nur wenig Zeit, der Tänzeralltag bestimmte das ganze Leben. Dies ist nun vorbei. Ein Gastspiel in Heilbronn beendet die Spielzeit und damit den Spitzentanz für Karine Seneca. Ein abruptes Berufsende in der Lebensmitte.
Wie fühlt man sich wenn das ganze Leben aus Tanz besteht, dieses Leben aber zu Ende geht? Wenn man als Tänzerin geliebt wird, die Zukunft abseits des Tanzens aber völlig ungewiss ist? Die Französin kehrt wieder in ihre Heimatstadt Cannes zurück. Hier möchte sie die Ruhe finden, um sich neu zu orientieren: „Es ist Zeit! Auch für ein neues Leben“ sagt sie selbst zu ihrem Karriereende und schaut dabei in eine ungewisse Zukunft.